<<<<Xv0<<<<identitäten<<im<<21.<<jahrhundert<<<<<<<<<<<<<<
<<< inhalt <<< programm <<< veranstaltungen <<< from original genius to media <<<
 
inhalt preis service showroom
projekte online zkm timeline radio timeline alle veranstaltungen

[Macro error: Can't compile this script because of a syntax error.]

 

Enzensberger: Ich meine für Wortleute ist natürlich das Radio viel besser als das Fernsehen, viel besser. Nichts ist schöner als ein Gedicht im Radio. Das ist ja viel besser als eine Lesung, weil bei der Lesung schauen die Leute ja nur, was der für eine Krawatte anhat. Wenn das über den Äther kommt, dann höre ich diese Stimme, und das lässt ja sehr viel der Vorstellungskraft des Hörers übrig. Das Fernsehen tötet ja sofort. Da schauen die Leute, wie der lacht, was der für eine komische Frisur hat und tausend Sachen, die nur ablenken vom Wort.

Schrott: Ich denke, dass auf jeden Fall Medien bis zu einem gewissen Grad die Umrisse, den Rahmen dessen, was man abliefert, verändern. Genau so wie die Literatur, der Gebrauch des Alphabets die vorherige Dichtkunst wesentlich verändert und plötzlich neue Möglichkeiten geschaffen hat.
Die Thematisierung des Mediums als Inhalt der Botschaft war ein selbstreflexiver Kreislauf, der einen gewissen Neuigkeitseffekt hatte und Euphorie auslöste. Es gab ja kaum eine Installation, wo nicht irgendwo ein Fernseher dastand und das "Weiße Rauschen” thematisierte. Aber das ist ziemlich schnell langweilig und vor allem erschöpft sich’s, weil ein Medium wirklich nur ein Transportmittel ist von einem Sender zu einem Empfänger.
Das Medium an sich verändert natürlich Dinge. Internet verändert Telefon, Radio, Fernsehen. Das sind nur verhältnismäßig marginale Veränderungen im Vergleich dazu, was die ganze Zeit propagiert wird, nämlich dass die Medien unsere Denkweisen wesentlich verändern. Das ist erstens ein Trugschluss und zweitens kommt es wieder zu diesen ganz alten Modi. Als das Telefon und Handy da waren, hieß es, keiner schreibt mehr Briefe. Und jetzt durchs Internet und durch die E-Mail wird wieder geschrieben, geschrieben, geschrieben.

Enzensberger: Anders geschrieben vielleicht, aber geschrieben. Nein, diese Medien verschwinden nicht aus der Welt, das glaube ich auch nicht. Wenn ein neues Medium entsteht, weiß es zunächst nicht, wozu es da ist. Es muss sich erst auffüllen mit der Praxis. Jetzt haben die dieses intelligente Haus, das kein Mensch haben will. Wenn Du da reinkommst, liest der Computer an Deinen Gehirnwindungen ab, wie Deine Stimmung ist und dann spielt er automatisch entweder eine lustige Melodie oder eine traurige. Das will natürlich kein Mensch haben. Also, das ist auch etwas, wo man noch nicht weiß, wozu es gut ist.

 

Hans Magnus Enzensberger
Lyriker, Essayist, Dramatiker, Hörspielautor, Herausgeber, Büchner-Preisträger

Raoul Schrott
Lyriker, Romancier, Hörspielautor, Übersetzer

Martin Zeyn (BR)
Moderation

BR/intermedium 2