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mind, music, metaphor - & more Die magischen Container (3)
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High-Tech und seine Metaphern
Es ist aufschlußreich, neben den zeitgenössischen sozialen und geopolitischen Großkonflikten auch einen etwas weniger spektakulären Themenbereich zu untersuchen, den des Technologiewandels. Die sachlichen Querverbindungen, etwa die militärische Herkunft zahlreicher technischer Innovationen speziell im Bereich der Digitalisierung und der Datenfernübertragung sollen dabei ausgeklammert bleiben; sie sind für die Betrachtung der einschlägigen Metaphern unerheblich, sofern sie sich nicht im Einzelfall von selbst aufdrängen. Bemerkenswert ist die Klarheit, mit der die grundlegende Funktion der Metapher für bestimmte legislative Entscheidungen in Sachen Technologie gesehen wird.
Es ist wenig überraschend, daß der gesellschaftliche Interpretationsbedarf dort am schnellsten deutlich wird, wo Entscheidungen über die »Art« und »Natur« der Technologien für die Beilegung von Streitigkeiten wichtig werden: vor Gericht. Man denke etwa an die Debatte um die Linkhaftung, die noch nicht zu Ende gebracht, sondern allenfalls durch den breitgestreuten Einsatz sogenannter »Disclaimer« in den Hintergrund gedrängt wurde. Eine konsensfähige Entscheidung darüber, welche Metapher uns sagt, was ein Hyperlink »eigentlich« sei, ist noch nicht getroffen.
It is old news that common-law legal reasoning is both analogical and taxonomical, and that metaphor is a powerful tool for both. Nevertheless, the observation that "[t]he power of a metaphor is that it colors and controls our subsequent thinking about its subject" is particularly relevant and powerful when the law encounters a new technology. The law's first reaction to a new technology is to reach for analogies and to explain why the new technology can be treated identically to an earlier technology. Railroads, for example, could be slotted into the existing legal categories created to deal with highways, collisions, and freight tariffs. In contrast, airplanes - a technological advance on the same order as the railroad - required a significant change in the law because to be useful the airplane must fly over land, a classical trespass, without a right of way.
Froomkin untersucht dann im einzelnen die möglichen und wahrscheinlichen Implikationen der vier vorgeschlagenen Metaphern. So sei z.B. bei einer Betrachtung von verschlüsselten elektronischen Botschaften als metaphorische »Autos« mit verstärkter Reglementierung zu rechnen (Kraftfahrzeuge müssen registriert sein und technisch bestimmten Anforderungen genügen; Autofahrer können ohne Verdachtsmoment angehalten werden), während »Sprache« zwar für eine Verschlüsselung zwar eine unintuitive, aber letztlich doch gültige Metapher sei, so daß im Effekt die verschlüsselte Botschaft dasselbe Maß an Privatheit verdiene wie jede andere irgendwie technisch kodierte sprachliche Äußerung, etwa ein Telefonat.
Stereotype - von der Metapher zum VorurteilSofern der »Pictorial Turn« als Befreiung von der Macht der Sätze, als Gegenentwurf gegen die Sklaverei der Strenge der aristotelischen Kategorienlehre, als Feier von Ambiguität und der Illogik des Traums gedacht war, verdient die Metapher in diesem Zusammenhang eine durchaus kritische Würdigung. Die Metapher ist selbst ein »conceptual blend«, in dem die leichte Erfaßbarkeit der sinnlichen Erscheinung mit der Unausweichlichkeit der Urteile zusammenfließt, die im bildgebenden Teil der metaphorischen Abbildung gelten. Anders' Diktum von den Fernsehbildern als »verbrämten Urteilen« bietet sich als Metapher für die Metapher an. Der ungenannte Spaßvogel, der die graphischen Benutzeroberflächen mit ihren »Icons« als großangelegtes Erziehungsprogramm charakterisierte, mit dem eine Gesellschaft von Analphabeten eine High-Tech-Infrastruktur zu handhaben lernen sollte, traf den Nagel auf den Kopf: In dem Moment, in dem Politiker und Journalisten die Dinge nicht mehr auf den Begriff, sondern »auf die Metapher« zu bringen suchen und mit den »Icons« von Gut und Böse operieren (um nur ein Beispiel zu nennen), ist das Gespräch als sachbezogener Austausch von Argumenten gefährdet. Viele der hier beschriebenen Fälle von »metaphoric reasoning« weisen die beunruhigende Tendenz auf, sich gegenüber Fakten, gegenüber Nachfragen und schließlich auch gegenüber einschlägigen Konventionen und gültigen Regeln in Satzform (Asylparagraph des Grundgesetzes, Völkerrecht) zu immunisieren und Beobachtungen, die außerhalb ihres Skopus liegen, unmöglich zu machen bzw. zu desavouieren. Das mag hier und da mit der Absicht der Akteure übereinstimmen, in vielen Fällen aber ist es einfach ein Nebeneffekt des Gefühls von Einsicht und Verstehen, das eine passend gewählte Gebrauchsmetapher beim Hörer oder Betrachter auslöst:
[The blend] evokes emotions, seemingly anchored in the trustworthy framing input, that feel to us as if they are all-clarifying. As we have seen for blends in general, strong emotions emergent in the blend can induce the feeling of global insight, because the highly compressed blend remains actively connected to the entire network. Wie wir gesehen haben, endet jedoch die Rolle der Metapher im alltäglichen Räsonieren nicht mit der »gefühlten Einsicht«, sondern das metaphorische Szenario legt bestimmte Handlungsoptionen nahe und abstrahiert von anderen. Die »Katastrophe« der Zuwanderung impliziert legislative (und illegale?) »Katastrophenschutzmaßnahmen« ebenso wie der »Krieg gegen den Terrorismus« den Einsatz des Militärs impliziert, statt die Verbrechensbekämpfung weiter eine Angelegenheit der Polizei sein zu lassen. Das »höchste Gut« des »wahren Friedens« verlangt zu seiner Realisierung nach der Überwindung des »trügerischen Friedens«, also nach Krieg. Auch um ein »neues Auschwitz« zu verhindern, müssen alle Mittel Recht sein, auch militärische. Wenn Immunisierung gegen Fakten und Empirie die großen Metaphern auszeichnet, die heute zur Beschreibung gesellschaftlicher Krisenzustände herhalten müssen, und wenn die metaphorisch notwendigen Handlungen, oftmals stark von Moralisierung durchsetzt und vorangetrieben, immer wieder an die Grenzen des Legitimen und des Legalen vorstoßen, dann muß die Kritik an der Metapher vielleicht stärker mit der Kritik des moralisierenden Vorurteils verknüpft werden, als dies bisher gesehen worden ist. Das Heideggersche »zunächst und zumeist« begegnet dann wieder als der kognitionswissenschaftliche »Prototyp« bzw. »Stereotyp«, der dem Alltagsdenken die Welt strukturiert (und nicht, wie seit Aristoteles üblich, die notwendigen und hinreichenden Bedingungen, die es erlauben, ein Ding einer Klasse von Dingen zuzuordnen) . Daß der Trend, die Zugehörigkeit von Personen und Handlungen zu bestimmten Gegenstandsklassen über die Ähnlichkeit zu einem Prototypen statt über klar gefaßte Kriterien zu entscheiden, kein Hirngespinst ist, mögen die folgenden Beispiele verdeutlichen. In Einzelfällen läßt sich durchaus von einer - möglicherweise sogar gewollten - »Institutionalisierung des Vorurteils« sprechen. Der ehemalige Innenminister Manfred Kanther nannte in der Diskussion über den großen Lauschangriff das zukünftig zu belauschende Objekt gern »die Gangsterwohnung« und erörterte damit das umstrittene Gesetzesprojekt von vornherein nur innerhalb des Frames der objektiv notwendigen und gelungenen Überwachungsmaßnahme. Tatsächlich sind aber natürlich auch die Wohnungen Unbeteiligter dem (damals noch) geplanten Grundrechtseingriff unterworfen. Der Jurist Franz Salditt beklagte im letzten Jahr die zunehmenden Bestrebungen des Gesetzgebers, den Opferschutz zum eigentlichen Zweck des Strafprozesses zu machen und kommentierte sarkastisch:
In dieser Welt wird materiell gedacht und werden Formen als Formalismus abgetan, um ungehindert moralisch handeln zu können. Salditt bezieht sich u.a. auf einen Gesetzesentwurf des Bundesrats »zur Stärkung der Verletztenrechte«, in dem vorgesehen ist, daß die wichtigsten Opferzeugen in einem Strafprozeß ungeachtet ihres Alters allein vom vorsitzenden Richter vernommen werden. Er erläutert:
Es geht darum, dem Opfer als Verletzten die unmittelbare Befragung durch den Verteidiger prinzipiell zu ersparen. Der Zeuge soll mit dieser Regelung ganz offenbar vor dem vermuteten Leid bewahrt werden, das darin bestünde, dem Vertreter seines Peinigers [...] auf geeignete und zur Sache gehörende Fragen Auskunft zu geben.[...] Bei Licht besehen, schützt der Entwurf die Zeugen, weil er unterschiedslos voraussetzt, dass der betroffene Angeklagte der Täter und dass der geschonte Zeuge dessen Opfer ist. Diese Voraussetzung gibt die Nullhypothese auf und stellt ein gesetzliches Vorurteil dar [...] Das befangene Gesetz, käme es denn dazu, nimmt die damit verbundenen Gefahren für die Wahrheitsfindung stillschweigend in Kauf. Dafür bleibt eine einzige Erklärung - seine Autoren halten für richtig, dass im Zweifel zu Gunsten des Opfers entschieden werden soll. Und in der Tat, die Debatte scheint auf charakteristische Weise von dem prototypischen Fall auszugehen, daß der Angeklagte der Täter und das vermutliche Opfer das Opfer ist; so findet sich etwa in der Bundestagsrede von Hans-Christian Stroebele vom 21.Juni 2001 zu besagtem Gesetzesentwurf kein einziger Satz, der sich mit möglicherweise zu Unrecht Angeklagten befaßt und den möglichen Folgen, die die Gesetzesänderung für sie hätte . Man könnte vielleicht sagen, daß hier der Strafprozeß zu seiner eigenen Metapher geworden ist: Was irgendein Strafprozeß ist, wird unter Rückgriff auf den »typischen« Strafprozeß (als Bildgeber) erfaßt, bei dem der Angeklagte zu Recht auf der Anklagebank sitzt und das Opfer tatsächlich der Verletzte ist. Damit wird der andere Fall zum untypischen, zum (vielleicht bedauerlichen) Sonderfall gestempelt, der jedoch die wohlmeinenden Gesetzgeber Däubler-Gmelin, Stroeble usw. nicht bremsen kann. Noch einmal Salditt:
Dass für Angeklagte, die schweigen oder bestreiten, die Unschuldsvermutung beschworen wird, findet bei den Verfechtern des solidarischen Prozesses kein Verständnis. Die sozialpolitische Lösung weiß immer schon, wer schweigen oder bestreiten darf und wer nicht. Salditt beharrt aus gutem Grund auf den Formen:
Strafrecht ist formalisierte Sozialkontrolle. [...][Das] bedeutet, dass bereits dem materiellen Strafrecht die Legitimation abhanden kommt, wenn der Strafprozeß sich von Unschuldsvermutung, Zweifelssatz und Fairness entfernt. [...] Die Formen müssen den Angeklagten bis zum Zeitpunkt des rechtskräftigen Urteils schützen, weil mit dem Ausgang des Verfahrens allein für ihn viel, manchmal alles auf dem Spiel steht. Dem mutmaßlichen Opfer nehmen die Formen nichts [...].
»Journalism of Attachment«
Die journalistische Variante des moralisierenden Vorurteils, das in der Beurteilung einer Sache den einzig gültigen »Frame« ausmachen soll, heißt »Journalism of Attachment«. Der Ausdruck wurde geprägt von Martin Bell, einem Kriegsberichterstatter, der für die BBC vom jugoslawischen Bürgerkrieg, speziell aus Bosnien, berichtete. Nach seinen Worten ist »Journalism of Attachment« ein Journalismus »that cares as well as knows«. Nach seiner Auffassung ist der »by-stander journalism« passé; Reporter seien heute gleichsam Teilnehmer der Konflikte, über die sie berichten, und moralisch verpflichtet, Position zu beziehen und an der Seite der Kräfte des Guten gegen das Übel zu wirken. Das schließt auch die Verpflichtung ein, gegebenenfalls Appelle an Politiker zu richten, und Bell rühmt sich selbst, der Gründer des »Etwas-Muß-Passieren-Clubs« zu sein.
International reporters very much subscribe to this school of thought, people like Roy Gutman of U.S. Newsday in America, Christiane Amanpour, of CNN, and Ed Vulliamy, himself the Guardian-Observer ‘Foreign Reporter of the Year.’ All very much subscribe to this idea, that there are - in Gutman’s words - "higher requirements of a war correspondent than simply reporting what is going on." They have a moral responsibility to side with the victims, to side with good against evil and against the modern evils such as ethnic cleansing or what they call genocide and so on. Mit den »embedded journalists«, die mit den US-Truppen im Irak-Krieg unterwegs waren, ist dieser Ansatz zu Ende gedacht, institutionalisiert und logistisch perfektioniert worden. Da es die Kräfte des Guten sind, auf deren Seite man mitmarschiert, darf es für die »attached/embedded« Journalisten auch kein Problem darstellen, daß die »Guten« Regeln erlassen, was berichtet werden darf und was nicht. Doch Mick Hume insistiert:
When you start approaching a conflict from that point of view, you are really wandering into a journalistic minefield. The idea that conflicts around the world are fought between the forces of good and the forces of evil bears no relationship to reality. It is a fairy tale world. In the real world, matters are a little bit more complicated than that, and if you want to understand a conflict or a war anywhere, you have got to situate it in its full context [...] Daß Gut und Böse »real forces« seien, die man »draußen« irgendwo »findet«, erinnert wiederum auffällig an Lakoffs Beobachtung (s.o.), daß »das Böse« in George W. Bushs Weltanschauung eine »Substanz« ist, die vernichtet werden muß. Die Parallele überrascht kaum, wenn es sich dabei tatsächlich, wie Hume sagt, um ein »one side fits all wars framework of understanding« handelt. Ein Framework mit triftigen Konsequenzen für den Journalismus:
It’s a very black and white view of the world, moral absolutes, and a kind of language does not allow for nuance, criticism or questions. It does not allow really for the basic tools of good journalism, and has very important consequences for the way in which you report a story. Mit welcher Selbstverständlichkeit der »Journalism of Attachment« nicht nur praktiziert, sondern von Politikern auch gleich eingefordert wird, mag die folgende Begebenheit aus der Zeit des Kosovo-Kriegs dokumentieren. Der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping wurde in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« am 30. April 1999 von Ulrich Deppendorf zu den Fotos befragt, die Scharping drei Tage zuvor als Beweis für ein Massaker der Serben an der kosovo-albanischen Zivilbevölkerung des Dorfes Rugovo vorgelegt hatte - mit den Worten: »Sie können genau sehen, was da schon seit Januar im Gang ist.« Deppendorf wies Scharping darauf hin, daß Experten der OSZE die Fotos schon kannten und sie einem Feuergefecht zwischen serbischen Streitkräften und der UCK zugeordnet hatten (auf den Fotos sind Leichen von UCK-Kämpfern zu sehen). Scharping gibt eine ausweichende Antwort, Deppendorf hakt nach, wie es seine journalistische Pflicht ist. Daraufhin geht Scharping in die Offensive, verwehrt sich gegen die genauere Nachfrage und belehrt den Journalisten, es gehe doch schließlich darum, darzustellen, wer die Guten und wer die Bösen seien, und auf der richtigen Seite Stellung zu beziehen. Genau das hatten offenbar auch die Journalisten des britischen Senders ITN vor, die im August 1992 ein bosnisch-serbisches Lager in Trnopolje besuchten, dort Filmaufnahmen machten und später Fotos veröffentlichten, die dem Vorwurf Nahrung geben sollten, die Serben unterhielten in Bosnien Konzentrationslager. Eines der Fotos zeigt einen ausgemergelten bosnischen Moslem hinter einem Stacheldraht. Der deutsche Journalist Thomas Deichmann, Chefredakteur der Zeitschrift NOVO, recherchierte die Umstände dieser Aufnahmen später vor Ort und kam zu dem Ergebnis, daß das ITN-Team offenbar aus einem Areal innerhalb des Lagers, das Versorgungseinrichtungen enthielt und durch Stacheldraht gesichert war, heraus fotografiert hatte, möglicherweise genau zu dem Zweck, ein symbolträchtiges Bild mit Stacheldraht veröffentlichen zu können. Das Thema Konzentrationslager wurde später fallengelassen, aber das Bild der Serben als »Faschisten« hatte sich festgesetzt. James Harff, der damalige Direktor der PR-Firma »Ruder Finn Global Public Affairs« aus Washington D.C., die für die kroatische Regierung, für Bosnien-Herzegowina sowie für die parlamentarische Opposition im Kosovo arbeitete, bezeichnete es später als seinen größten Coup, in dieser Frage die jüdischen Organisationen in den USA auf seine Seite gebracht zu haben. Bereits im April 1993 schilderte er in einem Interview offenherzig, wie er das angestellt hatte:
At the beginning of July 1992, New York Newsday came out with the article on Serb camps. We jumped at the opportunity immediately. We outwitted three big Jewish organizations - the B'nai B'rith Anti-Defamation League, The American Jewish Committee and the American Jewish Congress. In August, we suggested that they publish an advertisement in the New York Times and organize demonstrations outside the United Nations. Auf den Einwand des Journalisten, er habe doch keine Beweise, sondern lediglich Zeitungsartikel zur Stützung seiner Behauptungen vorweisen können, sagte Harff:
Our work is not to verify information. [...] Our work is to accelerate the circulation of information favorable to us, to aim at judiciously chosen targets. We did not confirm the existence of death camps in Bosnia, we just made it widely known that Newsday affirmed it. [...] We are professionals. We had a job to do and we did it. We are not paid to moralize. Hier sitzt Harff allerdings bei aller lobenswerten Offenheit einer Verwechslung auf, denn die Ruder-Finn-Kampagnen waren nichts anderes als Moralisieren im großen Stil; er meinte wohl, daß sie nicht für das Fällen von moralischen Urteilen bezahlt würden, insbesondere wohl nicht solcher, die sich auf ihre eigenen Absichten und Vorgehensweisen sowie diejenigen ihrer Auftraggeber beziehen.
Ein Zeitalter der Metapher?
»Metaphor matters«, pflegt George Lakoff zu sagen, und aufgrund der obigen Überlegungen muß man ihm uneingeschränkt Recht geben. Das »benutzerfreundliche« Folgern im Medium der Metapher begleitet nicht nur die nüchterne Tatsachenfeststellung und die sorgsame Anwendung von moralischen oder gesetzförmigen Prinzipien, es beginnt vielmehr, diese zu ersetzen. Drei Umstände begünstigen diesen Trend: Erstens sind »metaphoric reasoning« und »conceptual blending« nach dem gegenwärtigen Stand der Kognitionsforschung für Denken und Sprechen grundlegend und unverzichtbar. Sobald zweitens die »Sätze« und deren Auslegung als unzureichend empfunden werden, um mit der Wirklichkeit umzugehen, liegt der Rückzug auf das in sich stimmige Bild nahe. Gerade für Zeiten des krisenhaften Wandels bietet sich die Metapher an, die ja ihrem Wesen nach die Abbildung des Unbekannten, noch Undeutlichen oder Unverstandenen im Medium des Bekannten und bereits Verstandenen ist. Und drittens sorgen die verstärkt angewandten Praktiken der Visualisierung, die unter dem Sammelbegriff »Pictorial Turn« zusammengefaßt werden, für eine zunehmende Bereitschaft beim Publikum, sich bildlichen Argumentationen anzuvertrauen.
Literatur:
Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen 1. Verlag C.H.Beck, München, 1992
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