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Texte zur Ausstellung
· Ingvild Goetz
  Aus meiner Sicht

· Gregor Jansen
  Endspiel. Definiert oder definitiv!
  Imagination Becomes Reality

· Stephan Urbaschek
  Die Bilder entstehen in einem Blick, der nach einem
  neuen und persönlichen Einblick sucht. Sie sind die
  Bilder dessen, der auf die Welt blickt

· Peter Weibel
  Zur Wechselwirkung von Malerei und Medien
  Der Wandel des Visuellen

Ingvild Goetz: Aus meiner Sicht
Mich persönlich interessiert die Malerei in ihrer heutigen Vernetzung mit den unterschiedlichsten Medien. All das war mir Anlass genug, die dauernde Frage nach der Rolle und den Aussichten für diese umstrittene Kunstform neu zu stellen, allerdings nicht durch eine weitere konventionelle Malereiausstellung, sondern durch eine Erkundung des gesamten Repertoires der zeitgenössischen Kunst, mit speziellem Fokus auf Malerei, ihrer Präsenz in den Medien und ihre Auswirkung auf sie. In dieser Ausstellung werden Werke von Künstlern gegenübergestellt, die sich - meist als Grenzgänger - diesseits und jenseits der Schnittstelle der verschiedenen Kunstformen bewegen. Dabei spielt auch das Medium Film und die Installation unter Einbeziehung filmischer Elemente eine große Rolle. Sie haben paradoxerweise eine verdeutlichende Rolle in diesem malereibezogenen Ausstellungszyklus durch ihre Integration malerischer Sichtweisen und ihre impulsgebende Wirkung auf heutige Maler. Die Ausstellungsreihe wurde von mir als Untersuchung des Standortes der Malerei entwickelt und war auf verschiedene Unterthemen verteilt, die ich in unserem räumlich begrenzten, kleinen Museum in München in fünf eigenen Ausstellungen aufgegriffen habe. Eine dieser widmet sich der Rezeption von Architektur und Raum einschließlich des gedachten, nicht formulierten Raums und der Beziehung des Betrachters zu ihm. [...]
Textauszug aus dem Katalog Imagination Becomes Reality Conclusion



Gregor Jansen: Endspiel. Definiert oder definitiv! Imagination Becomes Reality
Die Frage, was ein Bild ist, wurde unzählige Male gestellt und noch häufiger beantwortet. Immer ist mit ihr die Frage nach der Wirklichkeit und ihren Modellen verknüpft, und sie gilt als Kriterium kultureller Bedeutung. Vom Bilderverbot bestimmter Religionen ausgehend ist die Macht der Bilder ein fortwährendes Problemfeld. Sie ziehen uns an: als Mittel der Wissensvermittlung, als Nachahmung, als Unterhaltung, als Vorstellungswelt, als Bekräftigung von Aussagen, als Realität gewordene Wünsche. Heute steht hinter Bildern ganz allgemein - und womöglich mehr denn je - ein zeitraubendes wie auch beschleunigtes Bewusstsein, eine Krise der Repräsentation und nicht zuletzt eine Unmöglichkeit ihrer Kritik inmitten einer allgemein hysterischen Aufmerksamkeitsästhetik. Kaum ein Medium bildnerischen Schaffens in der Kultur-, Kirchen- und Kunstgeschichte war so erfolgreich und ist dabei zugleich in den letzten 100 Jahren so kritisch beäugt worden wie das Tafelbild und die Malerei. Seit der Erfindung neuer Medien zum Zwecke der Bildspeicherung, allen voran der Fotografie, ist die Debatte um die Relevanz der Malerei nicht verstummt. Die Widerstände begannen 1914 mit Marcel Duchamp und Alexander Rodtschenko, der 1925 zur Fotografie wechselte. Duchamp verdammte die für ihn bis dahin dominierende Malerei und entwickelte die Konzept-Kunst, die gleichwohl die absolute Freiheit in der Wahl des Mediums gegenüber einer nur auf den plausibelsten Formweg gebrachten Idee preist. [...]
Textauszug aus dem Katalog Imagination Becomes Reality Conclusion



Stephan Urbaschek: Die Bilder entstehen in einem Blick, der nach einem neuen und persönlichen Einblick sucht. Sie sind die Bilder dessen, der auf die Welt blickt
Die Überblicksschau der Ausstellungsreihe Imagination Becomes Reality im ZKM | Museum für Neue Kunst in Karlsruhe zeigt 225 Werke von 50 internationalen Künstlern aus der Sammlung Goetz. (...) Dabei handelt es sich um Gemälde, Fotografien, Installationen und Videos von Hans Op de Beeck, David Claerbout, Brice Dellsperger, Loretta Lux, Fabian Marcaccio, Jacco Olivier, Raymond Pettibon, Lari Pittman, Cindy Sherman, Jeff Wall und Xia Xiaowan. Sie alle vertreten künstlerische Positionen, die das Anliegen des Ausstellungszyklus, einen Beitrag zum Bildverständnis aktueller Kunst zu leisten, um unterschiedliche Aspekte der gegenwärtigen Malerei zu bereichern und zu erweitern. Hintergrund für den gesamten Zyklus war die Beobachtung, dass die schon oftmals totgesagte Malerei einmal wieder aufs Neue wie ein Phönix aus der Asche gestiegen ist und in den letzten Jahren einen wie kaum zuvor erlebten Boom auf allen Ebenen der Kunstwelt - von der Anzahl der Ausstellungen in Museen und Galerien bis hin zu der Höhe von Auktionsergebnissen - erfährt. Der Sammlerin Ingvild Goetz ging es hingegen in den von ihr kuratierten Ausstellungen in München und in der Zusammenarbeit mit Gregor Jansen, dem Leiter des ZKM, darum zu zeigen, dass die Malerei beziehungsweise malerische Strategien nie 'tot' waren. Sie haben sich vor dem Hintergrund der Fotografie, der Videokunst und nicht zuletzt mit Hilfe des Computers verändert und zugleich Eingang gefunden in diese anderen, aktuell ebenfalls hoch geschätzten Medien. [...]
Textauszug aus dem Katalog Imagination Becomes Reality Conclusion



Peter Weibel: Zur Wechselwirkung von Malerei und Medien
Der Wandel des Visuellen In dem Augenblick, in dem das historische Bild sein Monopol und seine Funktion verloren hat, gibt es als Reaktion darauf drei Schritte der Weiterentwicklung der Malerei, nämlich erstens die Akzentverschiebung, zum Beispiel von der Perspektive zur Farbe, zweitens die Verabsolutierung, zum Beispiel der Farbe, das heißt, es gibt nur mehr eine Farbe auf einer Fläche, und drittens der Austausch und die Substitution von traditionellen Malmaterialien. Die beiden ersten Reaktionen sind typisch für die klassische Moderne, die dritte für die Gegenwart: Autolack statt Farbe, Beton und Holz statt Leinwand, Bildschirm statt Bild, et cetera.
Die Malerei der Gegenwart entstammt dieser dritten Umbauphase in der Geschichte des Bildes, die insgeheim von zwei Begriffen gesteuert wird: dem Begriff des Ursprungs und dem Begriff des Visuellen. Beide gehören zusammen. Wenn man weiß, dass sich das Visuelle vom Tafelbild lösen lässt und ins Kino, ins Fernsehen, ins Video weiterwandern kann, dann weiß man gleichzeitig, dass es Bilder ohne Ursprung nicht mehr gibt. Es gab und gibt immer schon Bilder vor dem Bild. [...]
Textauszug aus dem Katalog Imagination Becomes Reality Conclusion