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They don't get it

Author:   Christoph Pingel  
Posted: 28.01.2003; 02:43:01
Topic: They don't get it
Msg #: 31 (Erste Nachricht zum Thema)
Prev/Next: 30/32
Reads: 3739

They don't get it. Diesmal Cees Nooteboom. Nooteboom ist Schriftsteller, und kein schlechter dazu. Aber er schreibt in der Süddeutschen Zeitung folgendes: »Wer lauthals zweifelt, das sind seine Freunde, denen er früher, als sie in Not waren, geholfen hat. Sie wollen ihm in dem Moment in den Arm fallen, als er zum entscheidenden Schlag ausholen will. Es ist dieses Gefühl höchster Frustration, das der törichten Fabel Rumsfelds zugrunde liegt.«

Mit der törichten Fabel hat er schon recht, aber Nooteboom täuscht sich, wenn er das »Gefühl höchster Frustration« für etwas Echtes hält. Und er schreibt so leider an einem höchst gefährlichen Rührstück mit, in dem Verteidigungsminister »frustriert« sind, Präsidenten »die Geduld ausgeht« und Außenminister es »leid sind«, wenn man sie »betrügt«. So töricht sind die Amerikaner nicht, daß sie davon ausgehen könnten, Deutschland und Frankreich würden es ohne weiteres zulassen, daß die USA unter mehr als fadenscheinigen Vorwänden die zweitgrößten Erdölreserven der Welt unter ihre Kontrolle bringen. Rumsfeld und seine Kollegen sind nicht frustriert, sie sind kalt berechnende, zynische Machtpolitiker, die sich auf ihre Story eingeschossen haben (wenn in diesem Zusammenhang eine Militärmetapher erlaubt sein sollte).

Das Schlimme an diesem Schmierentheater ist, daß die Schauspieler in ihrem wirklichen Leben über die mit gewaltigem Abstand größte Streitmacht der Welt verfügen und drauf und dran sind, jeden einzusperren oder zu töten, der ihr Stück nicht gut findet, etwa weil es ihm an Raffinesse mangele, der Plot eintönig sei oder das Ende doch schon allzu früh abzusehen.

Oder sind sie vielleicht doch frustriert? Die Theater-Metapher bringt mich auf den Gedanken. Im Stück sind sie frustriert, weil die Deutschen ihnen in den Arm fallen, aber das ist gelogen, bloßes Theater. Das war ja abzusehen, und sie wissen, daß sie nicht »die Guten« sind. Wirklich frustriert sind sie als Autoren des Stückes und als Regisseure: Man glaubt uns nicht! Man findet unser Stück schlecht! - und auf irgendeine merkwürdige Weise hängen sie sehr an dem Erfolg ihres Stücks. Aber das Publikum ist unerbittlich. Je dicker sie auftragen, desto schlimmer die Reaktionen der Kritik. Atomwaffen sollen eingesetzt werden. Bitte? Der ultimative Theaterdonner, nur damit das verstörte Publikum sich hinterher sagen kann »'s wird schon um was 'gangen sein«?

Nooteboom könnte also doch recht haben. Eine törichte Fabel, schlecht aufgeführt, frustrierte Regisseure, schechtgelaunte Autoren, reihenweise Reinfälle beim Publikum... im wirklichen Leben übernehmen solche Leute dann vielleicht mal ein größeres Theater. Aber hier geht es ja nicht um das wirkliche Leben, sondern um Politik. Und da führt jeder Ausgang nur wieder auf die Bühne in einem noch größeren Theater.