SAMMLUNG SIEGFRIED WEISHAUPT
⁄⁄MORRIS LOUIS, IONIC, 1962


Morris Louis (1912-1962)

Ionic, 1962
Acryl auf Leinwand
206 x 63 cm


Volker Naumann, Stuttgart
 
Das Hauptwerk von Morris Louis begann vergleichsweise spät, vier Jahre vor seinem Tod. Laut Werkverzeichnis entstanden von 1958 bis 1962 575 oft riesige Leinwände, die sich durch eine bis dahin ungekannte farbliche Intensität und bildfüllende Bewegungsverläufe von früheren Arbeiten unterscheiden. Gemeinsam mit Kenneth Noland gehört Louis zu den wichtigsten Vertretern der Washingtoner Schule, einer Gruppierung der US-amerikanischen Farbfeldmalerei.
Eine Beschreibung der Arbeit Louis' muss mit der Erklärung des Technischen beginnen. Sein Interesse galt der Erscheinungsform von Farbe, wobei ihre räumliche Struktur sowie die unterschiedlichen, Bewegung implizierenden Farbverläufe im Vordergrund standen. Louis trug die Farben nicht mit einem Pinsel auf, sondern goss sie stark verdünnt auf die unbehandelte Leinwand, von der die Farbe aufgesogen wurde. So ist die Leinwand nicht nur Farbträger, sondern spielte im Entstehungsprozess seiner Arbeiten eine wesentliche Rolle. Für Ionic verzichtete Louis zunächst auf einen Keilrahmen und ließ die Farbe über die gefaltete Leinwand fließen. Er konnte den Farbverlauf so steuern, dass acht nahezu gleichmäßige Streifen entstanden, die in ihrer Anordnung an den Schaft einer ionischen Säule erinnern. Es geht um die Bewegung, die Aktion des Entstehungsprozesses, den man beim Betrachten nachvollziehen kann. Auch der Titel Italian Spring verweist auf etwas, das mit der Arbeit assoziiert werden kann: Die verschiedenen Grüntöne lassen an die üppige Vegetation eines italienischen Frühlings denken. Die nach unten fließende, bildfüllende Bewegung, die in einem spontan erscheinenden Malvorgang begründet ist, entsteht letztlich aber streng kalkuliert in zahlreichen Gieß- und Fließvorgängen.
MK