SAMMLUNG FROEHLICH
⁄⁄SIGMAR POLKE, KNÖPFE, 1965

Sigmar Polke (*1941)

Knöpfe, 1965
Gemälde / Painting
Dispersion auf Leinwand
100 x 120 cm

Uwe H. Seyl, Stuttgart


 
Der Ironiker Sigmar Polke mit dem schalkhaften Augenzwinkern handelt nicht frei, er macht "Auftragskunst". Es sind nämlich höhere Wesen, die ihm 1969 befahlen, Flamingos und eine Ecke von Kasimir Malewitschs schwarzem Quadrat auf weißem Grund zu malen. Mit einer gehörigen Portion Sprach- und Bildwitz entlarvt er die verbissene Absurdität der Frage nach dem künstlerischen Genius und der Quelle schöpferischer Inspiration und verschafft sich so künstlerische Narrenfreiheit. Vermeintlich an der Grenze zum Dilettantismus kritzelnd führt er vor, wie sich in zunächst sinnlos Erscheinendem Strukturen und Bedeutungen entdecken lassen. Neben der Befragung der Malerei anhand von Stilpluralismus, Materialexperiment und Kunstzitat, nahmen insbesondere während Polkes Zusammenarbeit mit Gerhard Richter, Konrad Lueg und Manfred Kuttner Reaktionen auf soziale Fragen unter dem ironisierenden Label des "Kapitalistischen Realismus" großen Raum ein. Die Massenmedien, Werbeanzeigen wie auch Dinge des Alltags bildeten Sigmar Polkes Bild- und Themenfundus.Knöpfe und Freundinnen gehören zu den ersten Bildern, die Polke mit der von Roy Lichtenstein übernommenen Pochoir-Methode umsetzte. Der Künstler beließ es allerdings nicht dabei, mittels einer Spritzpistole Farbe durch ein Lochblech auf die Leinwand aufzutragen, sondern bearbeitete die Punkte anschließend mit dem Pinsel, so dass aus der exakten Rasterung eine unregelmäßige Verteilung mit teils ornamentalen Elementen entstand. Knöpfe besticht durch eine an die amerikanische Pop Art angelehnte Banalität des Sujets, das zudem im biederen grünen Einheitston gehalten ist. Die ornamentale und farbliche Verselbständigung der Rasterung von Freundinnen offenbart das bildillusionistische Verfahren selbst. Bei Akt mit Rauten herrscht Übereinstimmung zwischen Titel und Abgebildetem. Doch das spielerisch wirkende Werk ist vielschichtiger. Die Farbfelder im Rautenmuster verweisen auf die abstrakten Gemälde Piet Mondrians, wenngleich rautisch statt quadratisch-orthogonal und in Misch- bzw. Modefarben statt in Rot, Gelb und Blau. Der Akt, akademisches Sujet par excellence, ist hingeschlunzt, der rechte Arm zu einer verbogenen Gabelstruktur verlängert. Die Tradition von Akademie und klassischer Avantgarde, aber auch das zu dieser Zeit aktuelle Medium Polaroid-Foto werden in Motiv, Malstil und Format gleichermaßen aufs Korn genommen. Seit den achtziger Jahren münden Polkes alchemistische Materialerkundungen immer wieder in zufälligen, gewollten oder gemusterten Klecksen. Doppelbild (mit Klecksen) heißt sein 1996 entstandenes Werk, das im Titel explizit auf seine Machart verweist.
YZ