SAMMLUNG LANDESBANK BADEN-WÜRTTEMBERG
⁄⁄PETER ZIMMERMANN (*1956)

Eigentlich könnte alles auch anders sein lautete 1998 eine Ausstellung mit Werken von Peter Zimmermann im Kölnischen Kunstverein. Dieser Titel deutet auf Zimmermanns Interesse an Kontingenz, das sich in seinen Bildern, mehr vielleicht noch in den verwendeten Materialien widerspiegelt. Als Akt der Verweigerung, konventionell künstlerisch vorzugehen, das heißt ein Motiv auszuwählen und mit ihm ein Bild zu komponieren, adaptiert Zimmermann alltägliche Vorlagen, wie beispielsweise Buchdeckel, die er in Malerei überträgt. In den 1990er Jahren hat er wiederholt einzelne Exemplare der Reiseführer-Serie von Polyglott benutzt, wie beispielsweise Reiseführer Nordschwarzwald Polyglott. Er verwendete sie nicht zuletzt des "viele Sprachen sprechenden" Verlagsnamens wegen; die Parallele zum System Kunst liegt auf der Hand. "Die Bedeutung von Sprache liegt in ihrem Gebrauch" konstatierte Ludwig Wittgenstein in seinen Philosophischen Untersuchnungen. Bilder sind ebenso wie Sprache Zeichen, die etwas bedeuten, gelesen werden müssen und deren Sinn abhängig vom Kontext entsteht. Der Deckel des Reiseführers zeigt kein Bild der entsprechenden Landschaft - dieses entsteht erst bei der Lektüre in der Imagination des Lesers. Zimmermann überführt - wie bei Ohne Titel - Malerei, hier ein Werk Mark Rothkos, das zum Abdruck auf einem Ausstellungskatalog des Münchner Lenbachhauses digitalisiert wurde, wieder in Malerei.

 
Die "Sprache" Rothkos bleibt durch Farbe und Form erkennbar, nur der Kontext und das Material ändern sich: Zimmermann verwendet im Gegensatz zum amerikanischen Farbfeldmaler keine stumpfen, ja immateriell wirkenden Ölfarben, sondern glänzendes Epoxidharz. Durch die lange Zeitspanne zwischen Auftrag und Abbinden des Materials entwickelt das Bild eine Eigendynamik, die alles auch ganz anders werden lassen könnte; der Zufall entscheidet mit. Die Frage, was die abbildende Malerei noch leisten kann, ist Teil des Werkes von Zimmermann. Auch durch ein Bild wie Mondrian demonstriert er, dass das Entstehen von Bildern, ihre endgültige Fassung, Auswahl und so weiter von vielen Zufällen abhängig ist.
AB