SAMMLUNG LANDESBANK BADEN-WÜRTTEMBERG
⁄⁄THOMAS LOCHER (*1956)

Thomas Locher ist Konzeptkünstler. Das Gegenständliche ist in seinen Arbeiten von untergeordneter Bedeutung; theoretische Überlegungen rangieren vor der Werkherstellung, die zur materiellen Umsetzung eines Konzeptes dient. In der Schlüssigkeit und im möglichen Nachvollzug seines Systems liegt für Locher die eigentliche künstlerische Arbeit – der forschende Augensinn ist nicht der bevorzugte Erkenntnisweg.
In der Fotoarbeit 1-32C ordnet und nummeriert Locher systematisch scheinbar zusammengehörige technische Einzelteile zu einem übersichtlichen Tableau und fixiert es durch das Medium der Fotografie. Doch der Versuch, den wie in einem Index aufgelisteten und nummerierten Objekten eine gemeinsame und eindeutige Funktion zuzuweisen, ist zum Scheitern verurteilt: Wie in seinen Sprachanalysen geht es Locher auch hier um die konzeptuelle Dekonstruktion der Illusion von Informationsvermittlung und Kommunikation.
 
Mit der Installation Small Hermeneutic of Silence löst sich Locher schließlich vollständig vom Artefakt als Grundlage des sinnlichen Erlebens. Ein Tisch mit zwei sich jeweils am Kopfende gegenüberstehenden Stühlen liefert keinen augenscheinlichen Hinweis auf den Inhalt. Wörter, auf Tischplatte, Sitzflächen und Lehnen geschrieben, lassen ein vergangenes oder noch stattfindendes Gespräch erahnen, und die Stille selbst wird Inhalt der Lehre vom interpretativen Verstehen, der Hermeneutik.
Lochers Schaffen kreist um Sprache und Kommunikation, um Gesellschaft und menschliches Handeln. Seine Werke selbst werden zu Gliedern einer Kommunikationskette, da sie die Welt der Botschaften untersuchen, zugleich selbst aber Botschaften sind und dadurch den Gedanken des Betrachters in doppelter Weise auf sich ziehen.
MK