"Ich heiße Milica und erhielt diesen Namen 1960. Ich
wurde in Belgrad geboren, in Jugoslawien, einem Land, das in jenen
Jahren in eine Phase der plötzlichen Modernisierung eintrat.
Während meiner Kindheit und Jugend galt mein Name als unzeitgemäß,
als sehr 'altmodisch'.
Anfang der 80er Jahre begann ich jedoch, Menschen kennen zu lernen,
die meinen Namen mit Ehrfurcht aussprachen. In den wenigen Jahren,
in denen ich mit Menschen Umgang pflegte, die meinen Namen mit
Ehrfurcht aussprachen, spürte ich plötzlich, wie mich
der Pfeil der Erkenntnis durchbohrte, dass eine Gleichung aus
den folgenden Elementen für mich galt:
ICH=MILICA=SERBIN=ORTHODOXE CHRISTIN
Was für mich der intimste Ausdruck meiner Identität
war, die Tatsache, dass ich orthodoxe Christin und Serbin bin,
löste eine hypnotische Pendelbewegung in der staatlichen
Politik aus, die die Massenhysterie einer kollektiven Identität
nach sich zog, in der es keinen Platz für jene gab, die sich
nicht als Serben oder orthodoxe Christen fühlten. Die Ideologen
dieser Politik behaupteten darüber hinaus, dass dieser intime
Ausdruck persönlicher Identität biologisch bestimmt
sei, in die Gene eingeschrieben, und dass die Serben und Serbinnen,
die das nicht spürten, als Bastarde mit einem genetischen
Fehler vernichtet werden müssten, da sie eine Wunde auf dem
gesunden Körper der serbischen Volksgemeinschaft seien. Dann
entdeckte ich, dass der intime Ausdruck meiner eigenen Identität
eigentlich eine sorgfältig konstruierte Falle ist, die lückenlos
die Beute der Identität einfängt, unabhängig davon,
ob ich Milica, Serbin und orthodoxe Christin, bereit bin, ihr
aufzukündigen oder sie zumindest zu relativieren. Vor die
unmögliche Wahl zwischen 'Wunde' und 'gesundem Körper'
der Nation gestellt, beschloss ich, privat die Identität
einer orthodoxen Serbin zu behalten, während ich öffentlich
aus der Position der 'Wunde' spreche" (Milica Tomiç).
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Milica Tomiç
lebt und arbeitet in Belgrad (YU); Ausgewählte Einzelausstellungen:
1999 Galerie im Taxispalais, Innsbruck; Galerie Kulturni Centar,
Belgrad; 2000 Museum voor Moderne Kunst, Arnhem; Galerie CAMERA
AUSTRIA, Graz; Galerie Charim Klocker, Wien; Kunsthalle Wien;
2001 Charim Galerie, Wien. Ausgewählte Gruppenausstellungen:
1997 Zonen der Ver-Störung, Steirischer Herbst, Graz; 1998
Focus Belgrad IFA Galerie Berlin; 1999 After the Wall Moderna
Museet, Stockholm; 2000 cooperativ Kunstdialoge Ost
West Kunstverein Ulm, 2000+ Arteast collection Moderna Galerija
Ljubljana; SHOOT Malmö Konsthall; 2001 Konverzacija Museum
of Contemporary Art, Belgrad; ARS 01 Museum of Contemporary Art
KIASMA, Helsinki; double life Generali Foundation, Wien
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