Viking Eggeling

Biografie


Diagonal Symphony, 1921
Film
Sektion B Lichtbilder

16 mm Film, s/w, ohne Ton
Cecil Starr provided courtesy RE:VOIR Video

Die »Diagonal-Symphonie« des Schweden Viking Eggeling [1880-1925] aus dem Jahr 1925 lässt uns Zeuge einer Art Objekt-Metamorphose werden: Für die Dauer von drei Minuten wird aus dem Nichts heraus eine Form gebildet, die als eine Art Blaupause für eine Maschine beschrieben werden könnte. Linien wachsen in die Länge, werden zusammengeführt, bilden Formen, um ein Gebilde ohne erkennbare Funktion entstehen zu lassen, nur um wieder zu verschwinden, bevor es sich kurz darauf wieder selbst erschafft. Innerhalb eines jeden dreiminütigen Zyklus variieren sowohl die Länge des Wegs, den die Linien ablaufen, als auch das Tempo, die Zeit, innerhalb derer sie dies schaffen sollen, mit dem Ergebnis, dass die Objektform mal technisch, mal organisch anmutet. Die spielerische Leichtigkeit des Schauspiels lässt jedoch bald vergessen, dass die Figur zu keiner bleibenden Form gelangt, genauso wenig wie sie nach einer erklärbaren Logik verlangt. Das Gebildewachstum scheint stets einer natürlichen Rhythmik unterworfen zu sein, die im Kopf des Betrachters noch genügend Raum für Assoziation und Imagination lässt und diese – wie der Titel auszusagen vermag – zu einer fiktiven Symphonie zusammenführt.
»Diagonal-Symphonie« ist auch eine mit filmischen Mitteln visualisierte Interpretation der Struktur von Bewegung und Zeit. Ihr Regisseur Viking Eggeling, ursprünglich Zeichner und Maler, wandte sich in den 20er-Jahren zunehmend der Dada-Bewegung zu, wo er sich zunächst mit Rollenbildern beschäftigte, mit Bleistift gezeichnete Variationen von grafischen Elementen auf bis zu 15 Meter langen Papierrollen, an denen der Betrachter entlang gehen konnte. Gemeinsam mit Hans Richter arbeitete Viking Eggeling an ersten Filmexperimenten, um eine »bewegte Malerei«, eine »Bewegungskunst« zu schaffen, woraus Arbeiten entstanden, die sich mit der Vereinbarung von zeitlichen Dimensionen und dem statischen Bild auseinandersetzten und teilweise stark von einem naturwissenschaftlichen Duktus geprägt sind. Die »Diagonal-Symphonie«, für die sich Eggeling als Produzent, Regisseur und Kameramann gleichermaßen verantwortlich zeichnet und ebenfalls ein Produkt dieser Schaffensphase ist, entstand aus selbst entworfenen Bildern, die der Künstler mit schwarzem Papier abdeckte und langsam freilegte, indem er das Papier verschob oder Figuren in das Papier schnitt. Aufgrund ihrer musikalischen Zeiteinteilung sowie ihrer auf Helldunkelkontrasten und Richtungsveränderungen aufbauenden linearen Formdramatik aus Kurven, Linien und Dreiecken zählt die Arbeit »Diagonal-Symphonie« heute als Meisterwerk des Experimentalfilms.
hb