Author:   Heike Borowski  
Posted: 15.11.2005; 11:18:09
Topic: Ausgewählte Werke | Uecker
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  Günther Uecker

Biografie
Werke in der Ausstellung


Große Lichtscheibe, 1970
Installation
Sektion A Sieg über die Sonne

Günther Uecker verfolgt seit den 50er-Jahren konsequent den radikalen Wechsel vom gemalten Tafelbild zum Bildobjekt und den immanenten Prozess des Überwindens malerischer Mittel. Bei seiner immer intensiver werdenden Suche nach naturhaften Arbeitsmitteln in der Kunst fand er in Nägeln, Licht und Brettern die seinen künstlerischen Absichten gemäßen Werkzeugen. Zu weit mehr als einem bloßen Markenzeichen avancierte jedoch der Nagel – er ist Signet Ueckers Kunst, ein Symbol, Medium, Ritual, Fetisch. Der 1930 in Mecklenburg geborene Uecker wächst künstlerisch mit dem Sozialistischen Realismus auf und setzt sich entsprechend mit der Grundkonzeption der marxistischen Dialektik auseinander. Nach der intensiven Beschäftigung mit den futuristischen Anstößen im Werk von Malewitsch, Tatlin und Marinetti setzt zeitgleich ein großes Interesse gegenüber dem Zen-Buddhismus ein. Auf der Suche nach Aufhebungsmöglichkeiten ideologisch eingefahrener Denkstrukturen wird diese Religion für den keiner Glaubensgemeinschaft zugehörigen Uecker nach seiner Emigration in den Westen Mitte der 50er-Jahre zu einem zentralen Bestandteil seiner Neuorientierung. Düsseldorf, das seinerzeit noch weit entfernt war von dem, was sich eine große Kunststadt nennt, wurde für Uecker der Ausgangspunkt für sein Schaffen, das zum viel diskutierten Beitrag der Nachkriegskunst avancierte. Untrennbar verbunden ist sein Name mit der Künstlergruppe ZERO, der er Anfang der 60er-Jahre beitrat, um einen »Neuanfang«, eine von der Vergangenheit unbelastete künstlerische Ausdrucksmöglichkeit zu schaffen.
Die Installation »Große Lichtscheibe« aus dem Jahr 1970 darf man als Fortsetzung dieses thematischen Ansatzes lesen. Die runde Holzscheibe von übermannsgroßem Durchmesser ist dicht mit Nägeln bestückt. Durch die seitliche Lichtbestrahlung auf die rotierende Fläche ergibt sich ein faszinierendes Schattenspiel, das sich kontraststark vom strengen, fast technisch anmutenden Duktus der Installation abhebt. Nagel neben Nagel hat Uecker eingeschlagen – in der Monotonie des Nagels, dem Ritual einer sich rhythmisch wiederholenden körpereigenen Handlung, liegt für den Künstler das eigentliche Potential des Schaffens, der Moment einer kreativen Bewusstseinstat: »Wo sich zwei Linien berühren ist ein Punkt, dort schlage ich einen Nagel ein... den Punkt bestimme ich... der Schatten des Nagels stellt eine neue Linie dar... die Bewegung des Schattens wird zur Wahrnehmung von Zeit.«
hb