rauschendes licht
die transformation von echtzeitdaten in eine interaktive lichtskulptur
.

tatsuo miyajima


Author:   wolfgang muench  
Posted: 01.04.2002; 06:45:01
Topic: tatsuo miyajima
Msg #: 43 (top msg in thread)
Prev/Next: 41/44
Reads: 9688

aus: YUME NO ATO - WAS VOM TRAUM BLIEB... | Kunsthalle Baden Baden | AUSTELLUNG

Matthias Winzen: Tatsuo MIYAJIMA

2000


miyajima_1.jpg: floating time miyajima_2.jpg: counter line number 2

1) Floating Time 1998 | February 20 (Fri.) - March 12 (Thr.)
2) Counter Line Number 2 | 1989 | Collection Gallery Buchman | (photo: Mitsuhiko Suzuki)

In den frühen 80er Jahren, als er noch Performances aufführte, ging Tatsuo Miyajima in den Park von Yokohama, stieß einen lauten Schrei aus und ließ die Reaktionen der verdutzten Passanten per Video aufzeichnen. Diese Mischung ausdirekt kommunikativem, geradezu naivem Appell ans Publikum und konzeptuellem, fast kaltem Wirkungskalkül ist nicht nur in den frühen Arbeiten Miyajimas bemerkenswert, sondern auch in jenen Leuchtdiodeninstallationen, die den Künstler nach seiner Teilnahme am "Aperto" 1988 in Venedig international bekanntmachten.

Grundmodul vieler Installationen ist seit 1987 ein kleines Leuchtdiodenzählwerk (LED), das stets von neuem von eins bis neun oder bis neunundneunzig zählt, jedoch nie bei null anfängt. Als Grund für die ausgeschlossene Null benennt Tatsuo Miyajima neben ideen-und religionsgeschichtlichen, metaphysischen und philosophischen Erwägungen eineebenso schlichte wie dialektisch treffsichere Überlegung: "Durch das Weglassen der Null wird die Aufmerksamkeit auf die Null gelenkt. Die Null ist sehr wichtig, egal ob uns dasgefällt oder nicht.

”Die suggestiven Arrangements von blinkenden Zählwerken in abgedunkelten Räumen (die Ausstellung zeigt eine rote und eine grüne Varianten des Model 36)lassen an das kalte Glitzern einer Großstadt ebenso denken, wie an das letztlichfür jeden tödliche Verrinnen der Zeit und an mathematikphilosophische Fragen nach der Welthaltigkeit oder Abstraktheit der Zahl. Der emsige und zirkuläreFortlauf der Zählwerke baut eine Spannung gegenüber der starren Montage derZählwerke an der Wand auf. Die Zahl als Grundeinheit zeit-räumlicher Orientierung erscheint in Miyajimas Installationen oft labyrinthisch.

Das Eindimensionale der Zahlenreihung wird gebrochen durch die räumlich-dreidimensionale Anordnung der Zählwerke. Auf äußerst einprägsame Weisewirken Miyajimas Arbeiten genauso meditativ wie herzlos, ebenso poetisch wie kalt.

Matthias Winzen

more at:

Center for Contemporary Art, CCA Kitakyushu: Floating Time

San Francisco Museum of Modern Art sfmoma: Counter Line Number 2