Author:   Kevin Wells  
Posted: 20.01.2002; 13:02:26
Topic: AUSSTELLUNGEN - KÜNSTLER 21
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BIG NOTHING << zurückweiter >>
Piero Manzoni

geboren 1933 in Soncino, gestorben 1963 in Mailand

Piero Manzoni , Maler und Konzeptkünstler, kritisiert die subjektiven Dimensionen traditioneller Kunstgattun-gen. Malerei, Objektkunst, Skulptur, Aktionen und konzeptuelle Setzungen reflektieren die Existenz der Materie bis zum gestalterischen Nichts. Manzoni engagiert sich ab 1959 in der Galerie Azimuth und bei der gleichnamigen Zeitschrift. Mailand wird zu einem Zentrum der europäischen Avantgarde, im Dialog mit den Nouveaux Realistes, Paris, und der Gruppe Zero, Düsseldorf, mit Robert Rauschenberg und Jasper Johns in New York. Manzonis in Kaolin getränkte »Achrome« entstehen seit 1957. Sie vollenden sich im Verlauf der Trocknung selbst, emanzipieren sich als konkrete Existenz vom individuellenGestaltungsprozeß. »Für mich ist das Problem, eine gänzlich weiße (…) Fläche außerhalb jedes malerischen Phänomens, jedes dem Flächenwert fremden Eingriffs zu bieten; ein Weiß, das nicht Polarlandschaft, evozierende oder schöne Materie, Empfindung oder Symbol oder sonst etwas ist: eine weiße Fläche, die weiße Fläche ist und nichts anderes (eine farblose Fläche, die eine farblose Fläche ist), oder besser, die ist und nichts anderes: Sein (und totales Sein ist reines Werden). Kann diese unbestimmte (nur lebendige) Fläche aufgrund der materiellen Gegebenheit des Werkes auch nicht unendlich sein, so ist sie doch zweifellos undefinierbar, bis ins Unendliche wiederholbar, ohne Unterbre-chung der Kontinuität« (Piero Manzoni, 1960). Aus der Haltung der Reduktion erwachsen Setzungen wie die »Unendliche Linie« (1959), der »Magische Sockel« (1961), die »Signatur lebender Menschen« (1961), der »Sockel der Welt« (1961), »Merde d’artista« (1961). Die »Corpi d’aria« (1960) sind Ballons, die Luft, auch den Atem des Künstlers, festhalten, für einen Moment greifbar Existenz und Leben beweisend, das sich im Ungreifbaren diffundiert. Manzoni erläutert dies: »Das (…) gilt für die &Mac221;Corpi d’aria&Mac220;, reduzier- und ausdehnbar von einem Minimum zu einem Maximum (vom Nichts zum Unendlichen), als Sphäroiden absolut unbestimmt, weil jeder Eingriff, der darauf ausgerichtet ist, ihnen eine (auch unförmige) Form zu geben, illegitim ist. Es geht nicht da-rum, zu formen, es geht nicht darum, Botschaften zu artikulieren. (…) Es gibt nichts zu sagen, es gibt nur zu sein, es gibt nur zu leben« (Piero Manzoni, 1960).