Author:   Kevin Wells  
Posted: 08.11.2001; 18:59:42
Topic: ARCHIV - THE BEAUTY/REHBERGER - THEMEN/FRAGEN 04
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Tobias Rehberger, "3. T.", 2001; Video-Still


EIN TEEHAUS IM SCHWARZWALD

Für die Ausstellung "Do Not Eat Industrially Produced Eggs" in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden hat Tobias Rehberger zwei neue Arbeiten konzipiert, die als persönlicher Blick auf die Vermischung kultureller Eigenarten im Gobal Village verstanden werden können. So macht eine raumgreifende Videoinstallation (die erste Rehbergers überhaupt) die Besucher zu Zeugen der ritualisierten Abläufe einer japanischen Teezeremonie. In einem nach Entwürfen des Künstlers gebauten Teehaus auf einer Wiese im Schwarzwald aufgenommen, reflektiert die Arbeit aufgrund der geographischen Verschiebung die Dekontextualisierung tradierter Rituale und bindet diese Transformierung durch die Wahl der Protagonisten zugleich eng in den Kontext des künstlerischen Schaffens Rehbergers ein. So sehen wir den Künstler selbst als Schüler, der die präzis eingeübten Handlungen des Meisters, Thomas Grässlin, Mitglied der Sammlerfamilie Grässlin, aufmerksam verfolgt. Dem Sammler wird damit indirekt die Rolle des Regisseurs übertragen, nach dessen Anweisungen sich der Schüler zu verhalten hat, und damit – wie bereits in früheren Arbeiten – das Verhältnis zwischen zeitgenössischem Künstler und Sammler thematisiert. Zugleich aber befinden sich beide in einer für sie ungewohnten Situation, die noch dazu durch äußere Einflüsse immer wieder gestört wird. Im Nebeneinander der Bilder kann der Betrachter die Unterschiede in den separat aufgezeichneten Videosequenzen erkennen, ohne jedoch beurteilen zu können, was nach japanischen Maßstäben richtig oder falsch ist. Der Glaube an eine mögliche Authentizität wird so als Illusion entlarvt und zugleich die Idee des Kunstwerks als originäre Schöpfung in Frage gestellt.