Author:   Kevin Wells  
Posted: 22.01.2001; 21:55:32
Topic: ARCHIV – AUSSTELLUNGEN – POLEN/SCHAERF
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IN FREIHEIT \ ENDLICH – POLNISCHE KUNST NACH 1989 << zurückweiter >>

Zbigniew Libera, "Lego. Konzentrationslager", 1996,
Detail, Sammlung Haus der Geschichte, Bonn

ZBIGNIEW LIBERA

In einer Auflage von drei Exemplaren zu je sieben Kartons hat der polnische Konzeptkünstler Zbigniew Libera 1996 unter dem Titel Correcting Device (Erziehungsmittel) ein Set der weltbekannten Spielzeugfirma LEGO herstellen lassen. "LEGO (Concentration Camp) nimmt uns mit in ein Dorf mit einem Krankenhaus für Geistigbehinderte, in ein Gefängnis aus der Ära Stalin, aus dem II. Weltkrieg und den Bosnischen Konzentrationslagern. So vermische ich historische mit zeitgenössischen Referenzen, um unsere Welt, unser kleines Inferno darzustellen, gebaut und geweiht durch Normen." stellt Zbigniew Libera in einem Gespräch fest. Wesentlich ist für ihn, dass er als Pole dieses Werk konzipiert hat. Jeder, der in Polen lebt, sei geformt, so Libera, durch die Allgegenwart der nationalsozialistischen Konzentrationslager, die Millionen polnischer Staatsbürger das Leben gekostet haben. Polen sei eine Nation, die selbst nie kolonisiert hat, sondern seit mehr als zweihundert Jahren immer wieder kolonisiert wurde. Ökonomischer Druck, Rationalität sei gedanklich verbunden mit westlichem Einfluss, teutonischer Ordnung, Gewalt. Es geht nicht darum, LEGO zu diskreditieren, sondern dieses Spielzeug als Symptom für einen Weltentwurf zu beschreiben. So steht für Libera der sich in diesen Bausteinen artikulierende Ordnungssinn für westliche Technologie und westliche Denkmuster, das sich in dem marketingstrategisch gewichtigen Argument der Universalität, alles sei mit LEGO zu bauen, verdichtet. Aus polnischer Perspektive heißt dies insbesondere nach 1989, angesichts der Präsenz westlicher Warenhalluzinationen und westlicher Wirtschaftsmacht: Was ist normal? Wer kontrolliert die Normalität? Durch die Überschreitung der den Produkten innewohnenden Norm werden neue Werte und Tendenzen des Denkens und Handelns sichtbar.

ZBIGNIEW LIBERA, geboren 1959 in Pabianice. In den Jahren 1983-1986 Mitarbeit bei "Kultura Zrzuty”. Gründer (mit Jerzy Truszkowski) der Gruppe "Sternenhoch"(1985 – 89). 1989 – 91 arbeitet er mit Zofia Kulik als Modell. 1999 - 2000 Aufenthalt in den USA. Zbigniew Libera wohnt und wirkt in Warschau.

EINZELAUSTELLUNGEN
1992 CSW Zamek Ujazdowski, Warschau; Prace z powietrzem i elektrycznoscia, Galerie Na Mazowieckiej, Warschau; 1993 Urzadzenia korekcyjne, CSW Zamek Ujazdowski, Warschau; 1997 Galerie Wang, Oslo; Galerie Faurschou, Kopenhagen; 1998 Correct me if I am wrong, Guy Mc Intyre Gallery, New York; 1999 The Other Type of Prison, American – European Art Association, New York.