THE BEAUTY OF INTIMACY - LENS AND PAPER << zurück0102weiter >>

Angus Fairhurst, "Untitled (Isle of Man)”, 1993, Bleistift auf Papier, 36,5 x 27 cm


MENSCHENBILD(ER): NÄHE UND DISTANZ


Der Mensch erscheint in den ausgestellten Werken nicht als soziales Wesen oder kommunizierendes Subjekt. Gezeigt werden vereinzelte, isolierte Figuren (Lothar Hempel, Hellen van Meene), Metamorphosen des Menschlichen (Angus Fairhurst, Fabrice Hybert), Behausungen der Leere (Rachel Whitread). Wenn überhaupt narrative Momente aufscheinen oder Kontexte angeboten werden, so sind diese widersprüchlich oder zumindest uneindeutig. Gerade in dieser semantischen Unverbundenheit aber, die als Ergebnis sorgfältiger Konstruktion begriffen werden muss, liegt die Virulenz und Aktualität der gezeigten Arbeiten. Sie verweigern sich einer eindeutigen Lesart, indem sie alle zeitlichen und räumlichen Orientierungspunkte auf ein Minimum reduzieren und dadurch bewusst eine Distanz zwischen dem Rezipienten und der abgeschlossenen Entität des Bildgegenstands aufrechterhalten. Die dadurch ausgelöste Irritation, der Eindruck, unsichtbarer Betrachter einer intimen Szene zu sein, die aber gleichzeitig keinerlei Befriedigung des voyeuristischen Blicks in Aussicht stellt, ist Teil der Strategie der Bilder.

Mit ihnen konfrontiert, gewahrt der an die Maximierung produktiver Effizienz gewöhnte Zeitgenosse das Versagen seiner angelernten Beurteilungskategorien. Was sich hinter der schützenden zweiten Haut, dem Image, verbirgt und durch Haltung, Kleidung, Haarschnitt und Styling der Dargestellten angedeutet wird, bleibt offen. Das Thema ist nicht die Sinnsuche des um eine Selbstdefinition bemühten Individuums. Zeitzeugen sind die Dargestellten vielmehr gerade aufgrund ihrer fast marionettenhaften Passivität. In sich versunken oder auf ein (wenn auch unbestimmtes) äußeres Geschehen wartend, scheinen sie aus dem Lauf der Zeit herausgehoben. Diese Entrücktheit ist ein Aspekt der "Beauty of Intimacy", weil sie scheinbar dem Augenblick Dauer verleiht und damit das inhaltlich nachvollzieht, was die Künstler auf dem Papier und mit Hilfe der Kamera Wirklichkeit werden lassen.



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