DAS TIER IN MIR << zurückweiter >>

KATHARINA BÜCHE

Katharina Büche (geboren 1963 in Karlsruhe, lebt in Davos/Graubünden) konfrontiert gegerbte Felle mit künstlichen und organischen Objekten in rätselhaften Zusammenstellungen. Trotz des – unter politisch korrekten Vorzeichen – brisanten Tier-Materials, von dessen sinnlicher Ausstrahlung und haptischer Qualität auch die Arbeit »dicker Brocken« (1999) lebt, hat die Künstlerin das Placet der Tierschutzvereine gewonnen. Ihre Arbeit fordert eine Überprüfung unserer Beziehungen zu Tieren.
Den Nerz kennen wir zu Pelz verarbeitet oder präpariert im (Naturkunde-) Museum. In beiden Fällen ist er aus seinem natürlichen Umfeld buchstäblich herausgelöst: getötet und gehäutet. Anstatt den Naturkontext zu rekonstruieren, verfremdet Büche ihn. Das Raubtier, das sich eigentlich von Fischen und kleinen Säugetieren ernähren sollte, scheint einen Kürbis im Ganzen fressen zu wollen. Der gewaltige Kürbis steht senkrecht auf der Erde, von der sich der Nerz stemmt, um die Frucht zu verschlingen. Durch die Erde sind beide verbunden, und man ist an das alte Bild der sich in den Schwanz beißenden, den Kreislauf der Natur symbolisierenden Schlange erinnert. Im gespannten Bogen eines Dreiviertelkreises, den sie mit ihren gelängten Körpern beschreiben, scheinen Nerz und Kürbis jedoch eher wie Jäger und Beute miteinander zu ringen. Die formal vermittelte Dynamik der Szene läßt vermuten, daß im nächsten Moment einer der beiden Gegner in die Luft gehoben oder zu Boden geworfen wird. Der Kampf aber ist ein ungleicher, in dem sich das Opfer nicht gegen den Zugriff des Räubers wehren kann – eine Konstellation, die uns nur allzu bekannt ist, da sie unser beherrschendes Verhältnis gegenüber der Natur beschreibt. Daß der vorgeführte Aggressor, der Nerz, in Europa vor allem aufgrund intensiver Bejagung weitestgehend ausgestorben ist, leitet zusätzlich auf diese metaphorische Ebene über. Der Nager, der sich wider seine Natur einen Kürbis einverleibt, gleicht darin dem Menschen, der ihn ausgerottet hat, ohne sein natürlicher Feind zu sein. Er bezeichnet eine Welt, die aus den Fugen geraten ist.
Der Brocken, den er sich vorgenommen hat, ist nicht für den Nerz bestimmt und offensichtlich zu »dick«. FE

Katharina Büche – Alles für die Katz. Kat. Mannheim/Davos 1999; Katharina Büche – Ach Leute. Kat. Gesellschaft der Freunde junger Kunst Baden-Baden 2001


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