DAS TIER IN MIR << zurückweiter >>

Joseph Beuys



JOSEPH BEUYS

»Tiere sind an und für sich auch Engelwesen. Das spricht von einem Reich oberhalb des Menschen, von einer geistigen Dimension, die im Menschen selbst enthalten ist.« In der Vorstellung von Joseph Beuys ist das Tier Verbindungsglied und Zugang zu anderen
geistigen Ebenen. »Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt« (1965) und »Coyote, I like America and America likes Me« (1974) sind zwei der berühmtesten Aktionen des Künstlers, in denen deutlich wird, welche wesentliche Rolle das Tier für sein künstlerisches Schaffen spielt. Bereits früh beschäftigt sich Beuys (geboren 1921 in Krefeld, gestorben 1986 in Düsseldorf) intensiv mit naturwissenschaftlichen Studien. Sein Interesse für Zoologie vertieft sich in der Freundschaft mit dem Naturforscher und Tierfilmer Heinz Sielmann, in der späteren Auseinandersetzung mit dem Akademielehrer und Tierbildhauer Ewald Mataré und der Bekanntschaft mit Konrad Lorenz.
Beuys geht es um Wesensqualitäten des Tieres in einem tieferen Sinne. Er versteht es als ein erweiterndes Organ des Menschen, als Transmitter und
Katalysator zwischen organischer und intellektueller Existenz. Seine Tierdarstellungen und Mischwesen aus Tier und Mensch mögen an Höhlenmalereien wie in Lascaux, Altamira oder Chauvet erinnern, sie transformieren die archaischen Bilder ins 20. Jahrhundert und konfrontieren sie mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Problematiken. Biene und Hase haben einen Sonderstatus im Werk: Der Hase, mit direkter Verbindung zur Erde, in die er sich immer wieder eingräbt, steht für Geburt und Reinkarnation; am Beispiel der Bienen entwickelt Beuys seine »plastische Theorie« und deren erweiterten Kunstbegriff. Die planetarische Bedeutung der Biene als Sonnentier, der Bienenstaat als Energiemodell und der Wärmecharakter der Substanzen Wachs und Honig bieten den entscheidenden Anstoß dazu. Frühe Zeichnungen der fünfziger Jahre verschmelzen das Motiv der Bienenkönigin und der Frau zum Bild der Tierfrauen. In der Documenta-Installation »Honigpumpe am Arbeitsplatz« von 1977 zirkuliert der energietragende Blütennektar im Raum und bringt darin Beuys’ alternativen
Begriff von Wissenschaft und die weitreichende politisch-gesellschaftliche
Bedeutung von Kunst als kreatives
Potential zur Anschauung. DE

Volker Harlan: Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Beuys. Stuttgart 1986
Theodora Vischer: Joseph Beuys –
Die Einheit des Werkes. Köln 1991



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