Sermin Sherif:
Scarlet scarf, 2001

Foto-Installation,
45teilig, Farbe, je 40 x 50 cm,
Installation ca. 200 x 450 cm
Sermin Sherif

 
Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Künstlerin Sermin Sherif Mitglied der Künstlergruppe »Foreign Investment«, die vor allem interaktive Videoarbeiten produzieren und ausstellen. Sie lebt in Istanbul und London – hat also gleichzeitig Einlick in das Leben am Rande des Orient und im Okzident.

In ihrer 2001 entstandenen Fotoarbeit Sacrlet Scarf [Scharlachrotes Tuch] beschäftigt sie sich vor allem mit den Themen Körper, Sein und Aussehen. Entstanden sind die ausgestellten 45 Einzelbilder bei einer Performance in Istanbul, bei der sich die Künstlerin ein Tuch in ca. 70 verschiedenen Variationen um ihren Kopf und ihr Gesicht wickelte, schlang und knotete. Auf den ersten Blick scheint der Betrachter auf den Bildern eine vermummte orientalische oder islamische Frau zu erkennen, die ihre weibliche Identität - also ihr wahres Selbst - hinter einem Schleier versteckt. Der Gesichtsausdruck der Künstlerin unterstreicht zusätzlich die Interpretationsweise des Betrachters, sie blickt starr und niedergeschlagen, traurig und resigniert. Doch Sherif spielt nur mit diesem Vorurteil und leitet den Betrachter so in die Irre. Sie hinterfragt den Blick der Mehrheit auf die ihren Kopf bedeckende, sich verhüllende weibliche Identität, die vor allem mit islamischen Überzeugungen in Verbindung gebracht wird.
Ganz bewusst wählt Sherif darüber hinaus die scharlachrote Farbe des Tuches: als Signalfarbe für Sexualität aber auch als Kennzeichen für eine bestimmte politische Gesinnung.

Egal aber welches Erscheinungsbild im Rahmen der Performance entstanden ist und als Fotografie festgehalten wurde, es sollte nicht gesehen werden als die Reflexion und Repräsentation einer Identität die bewusst von der Künstlerin bestimmt und ausgewählt wurde. Denn jede Form des äußeren Erscheinungsbildes der Künstlerin in dieser Arbeit entspricht einer ganzheitlichen Identität der Frau: entweder durch das Tuch geschmückt oder gekennzeichnet, je nach dem, wie der jeweilige Betrachter das Aussehen vor seinem/ihrem politischen und kulturellen Hintergrund interpretiert.

Text: Jens Lutz