Halil Selçuk Gürısık:
Felt Istanbul, 2004

Installation, Skulptur,
Filz, Stoff, Teppich, Ton
ca. 800 x 800 x 400 cm
Halil Selçuk Gürısık, Courtesy ZKM

 
»Architecture is not art alone; it is merely a reflection of conceptions of life or a portrait of systems of living. Architecture is environment, the stage on which our lives unfold.« [1]

Durch die monumentale Außenverkleidung der Installation mit dem Material Filz und die kunsthandwerklichen Objekte, die im Innenraum wirken, wird dem Betrachter der Eindruck vermittelt, sich in Istanbul zu befinden, ohne aber selbst dort zu sein.
Der Künstler, der sich in der angewandten Kunst positioniert, möchte im Sinne einer dualistischen Philosophie zeigen, dass ein kunsthandwerkliches Objekt in ein Kunstobjekt transformiert werden kann. Auf dieses Ziel hin leitet er bewusst den performativen Akt, die Produktion seiner Objekte.

Thematisch und konzeptuell greift er in seiner Installation die alte historische Stadt Istanbul auf, die von einer »Romantik der Ruinen« bestimmt wird. Realisiert und vermittelt wird dies durch ein Zelt, das wie ein Kokon wirkt und das den Betrachter einlädt einzutreten, um die charakteristischen Kostüme und sich drehenden Kaftans im Inneren zu betrachten, die mit ihren rhythmischen, aber monotonen Bewegungen eine an die Stadt Istanbul erinnernde Geräuschkulisse nachempfinden.
Der Künstler beschäftigt sich auch wissenschaftlich mit dem Thema, dabei ist ihm die absolute Qualität seiner Produkte wichtig und er versucht sowohl die ästhetischen als auch die physischen Kriterien zu beachten. Indem er das dem Kulturerbe entlehnte Produkt traditioneller Handarbeit nicht einfach als Material, sondern als Anwendungstechnik einsetzt und die Produktionsrezeption mit Methoden des Postexistenzialismus vereint, schafft er Werke, die Eindrücke aus seiner Geburtsstadt Istanbul beschreiben.

Durch die Präsenz und das Wesen der Objekte werden Räume geschaffen, in denen Begriffsrelationen entstehen wie, innen – außen, real - irreal, oder sogar sichtbar – unsichtbar, Verweise auf eine virtuelle Realität. Aus diesen unterschiedlichen Positionen heraus lässt sich auch der doppeldeutige Titel der Arbeit Felt Istanbul [Gefühltes Istanbul bzw. Filz Istanbul] verstehen.
Dieser stimmungsvolle und virtuell reale Raum wurde ganz aus dem Material Filz gestaltet. Der Betrachter sieht hier, wie ein Produkt vom Lokalen zum Universellen, vom Traditionellen zum Aktuellen getragen werden kann, ohne die kulturellen Werte, mit denen es verwurzelt ist, zu verlieren.

[1]: Bruno Zevi, Architecture as Space - How to Look at Architecture, Horizon Press, New York 1957 S. 32. ^