Author:   H. Borowski  
Posted: 15.04.2004; 21:21:02
Topic: Filmprogramm | d
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Das Filmprogramm zur Ausstellung Call me ISTANBUL ist mein Name wirft einen Blick auf die gegenwärtige Kinokultur in der Türkei, die sich zwischen populärer Unterhaltung, preisgekröntem Autorenfilm und kritischem, gesellschaftspolitischem Dialog entwickelt. Obwohl die Filmproduktionen zahlenmäßig seit den 70er Jahren stark abgenommen haben, kann sich die einheimische Kinoindustrie der Türkei besonders seit den letzten Jahren erfolgreich gegenüber Blockbustern aus den USA behaupten. Der Film »Abuzer Kadayif« von Tunç Basaran zum Beispiel war der Kassenschlager im Jahre 2000. Dem Cannes-Preisträger, Autorenfilmer und Produzenten in Personalunion Nuri Bilge Ceylan widmet das ZKM sogar eine Retrospektive seiner Filme. Daneben werden Filme und Dokumentationen von jungen türkischstämmigen Deutschen gezeigt, die mit ihrem ganz persönlichen Blick das Leben in Istanbul und ihr eigenes zwischen den Kulturen porträtieren.
Zentraler Bezugspunkt des Filmprogramms ist die Stadt Istanbul, in der »die Steine und der Boden aus Gold sind«, wie viele Migranten über den Ort ihrer projizierten Hoffnungen reden. Das Thema Migration ist deshalb ein weiterer Schwerpunkt im Programm, ein Phänomen, das unmittelbar mit dem Mythos und zugleich mit der Realität der Stadt Istanbul verbunden ist.

Eintritt: 4,50 / 2,50 EUR
Eintritt inklusive mit einer Tageskarte für die Sonderausstellung Call me ISTANBUL ist mein Name und für das Symposium (23. April).

April

Freitag 23. April, 22 Uhr im Rahmen des Symposiums Ex oriente Lux

Bıyık (Der Schnurrbart)
Lale Nalbantoglu, Deutschland/Türkei 2004, 15 min

In einer Welt wo alle Menschen einen Schnurrbart tragen, wird man zum Außenseiter, wenn man eben diesen verliert. Doch der Zufall kann den Verlierer ebenso schnell wieder zu einem Star werden lassen.

Filler ve Cimen (Elefanten und Gras)
Dervis Zaim, Türkei 2001, 115 min, OmU

„Elefanten und Gras“ erzählt die Geschichte der erfolgreichen Marathonläuferin Havva, die nichts ahnend in einen großen politischen Skandal gerät. Der Regisseur bezieht sich in seinem rastlosen Plot auf die wahren Ereignisse im Jahr 1996, als nach einem Verkehrsunfall die Verstrickungen zwischen der Politik und Mafia zufällig zu Tage befördert wurden.
Verband der Filmkritiker in der Türkei – SIYAD 2002: Bester Film; Beste Regie; Bestes Drehbuch; Beste Schauspielerin

Mai

Sonntag 17. Mai, 17Uhr

Abuzer Kadayif (Abuzer Baklava)
Tunç Basaran, Türkei 2000, 90 min, OmU

Unter der erfundenen Identität Abuzer Baklava beginnt Professor Ersin Balkan eine erfolgreiche Karriere als Volkssänger. Als Musikstar und Volksidol wird er bald zum Objekt der Manipulation durch Politik und Mafia, die seine wahre Identität aufzudecken drohen. Die rasante Komödie war 2000 einer der Kassenschlager in der Türkei und nimmt das Phänomen der Spaßgesellschaft kritisch unter die Lupe.
Erfolgreichster Film in der Türkei 2000

Retrospektive Nuri Bilge Ceylan

Samstag 22. Mai, 17/19 Uhr

Kasaba (Die Kleinstadt)
NB Ceylan, Türkei 1997, 82 min, OmU

Erzählt aus der Sicht von zwei Kindern, in 4 Teilen, die parallel zu den Jahreszeiten verlaufen, beschreibt der Film die Beziehungen einer türkischen Familie in einer Kleinstadt, die Entdeckungen der Kinder, ihre Träume und ihre Schwierigkeiten, sich in der Erwachsenenwelt zurecht zu finden.
Caligari Preisträger bei der Berlinale 1997

Uzak (Fern)
NB Ceylan, Türkei 2003, 110 min, OmeU

Der isoliert lebende Photograph Mahmut wird konfrontiert mit der Naivität und Neugier seines Cousins Yusuf, der vom gemeinsamen Heimatdorf nach Istanbul zieht und auf der Suche nach einer Arbeit auf einem Schiff bei ihm Unterschlupf findet. Ein großartiger Film über urbane Vereinsamung.
Bester Film und Bester Darsteller in Cannes 2003 u.a.

Sonntag 23. Mai, 17 Uhr

Koza (Der Kokon)
NB Ceylan, Türkei 1995, 20 min, OmU, ab 12

Ein altes Paar, beide bereits über siebzig, trifft sich nach Jahren der bewussten Trennung, um sich wieder zu versöhnen. Aber es kommt anders.
Wettbewerbsbeitrag Cannes 1995

Mayis Sikintisis (Bedrängnis im Mai)
NB Ceylan, Türkei 1999, 131 min, OmU, ab 12

Der Mai in diesem Jahr scheint wärmer und sanfter zu sein als zuvor und die Bewohner des Städtchens sind glücklich und zufrieden. Die Zufriedenheit wird jedoch irritiert durch Muzaffer, der in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist, um dort einen Film zu drehen.
18 internationale Filmpreise

Mittwoch 26. Mai, 19.30 Uhr

9-Nine
Ümit Ünal, Türkei 2000, 90 min, OmeU, ab 16

Die Polizei sucht nach dem Täter für einen Mord in einem Viertel in Istanbul. Mehrere Bewohner des Viertels werden nacheinander im Raum 9 der Polizeistation verhört. Mit den aufgezeichneten Verhörprotokollen kommt nicht nur allmählich das Geschehene zutage, sondern auch die Beziehungen innerhalb der Nachbarschaft.
Bester Film Istanbul Film Festival 2003

Juni

Mittwoch 2.Juni, 19.30 Uhr

Dokumentarfilmprogramm 1:

Ein Boot für Istanbul
Damien Peyret, Frankreich 2001, 13 min

Ein poetischer Kurzfilm über den täglichen Fährverkehr über den Bosporus.
Produktion für Arte TV

Ara Güler - der Fotograf Istanbuls
Özdil Savasci und Erdal Buldun, Türkei 1998, 58 min

Der 1928 geborene Ara Güler zählt zu den bedeutendsten Fotografen der Welt. Als Mitglied der berühmten Agentur MAGNUM in Paris arbeitete er für „Time Life“ oder „Paris Match“. Der Film ist ein Porträt der eigenwilligen Persönlichkeit des Fotografen und zugleich ein Porträt seiner Heimatstadt Istanbul, die er über fünf Jahrzehnte fotografierte.
Spezialpreis der Jury Ankara Filmfestival 1999

Wir haben vergessen zurückzukehren
Fatih Akin, Deutschland 2000, 59 min, ab 12

Der preisgekrönte Regisseur Fatih Akin folgt auf einer Reise von Hamburg nach Istanbul und weiter in das Heimatdorf seiner Familie den unterschiedlichen Erfahrungen der 2. und 3. Generation türkischer „Gastarbeiter“. Ein sensibler Film über das Schicksal des „Deutsch-Türkisch-Seins“.
Produktion des BR in der Reihe „Denk ich an Deutschland“

Mittwoch 16.Juni, 19.30 Uhr

Die Liebenden vom Hotel Osman
Idil Üner, Deutschland 2002, 12 min

Ahmet und Ili lieben sich und Istanbul. Sie wollen die Nacht mit einem Blick auf den Bosporus verbringen. Für das Hotelzimmer fehlt ihnen allerdings der notwendige „Ehepass“.
Deutscher Kurzfilmpreis in Gold 2001

Lola und Bilidikid
Kutlug Ataman, Deutschland 1998, 91 min

Der Film des aus Istanbul stammenden Künstlers Kutlug Ataman zeichnet ein Bild der türkischen Schwulen- und Transvestitenszene (in Berlin) und stellt damit eine Verbindung zu Themen in der Ausstellung her. Das Melodram um Lola und Billi behandelt Homophobie, körperliche Gewalt gegen Schwule sowie familiäre Beziehungen zwischen Moralvorstellungen und Eifersucht.
Special Teddy Award Berlinale 1999

Mittwoch, 30.Juni, 19.30 Uhr

Dokumentarfilmprogramm 2:

Gecekondu (Über Nacht gebaut)
Ebru Karaca und Anja Hansmann, Deutschland 2003, 41 min

Gecekondu, eine Phänomen Istanbuls seit den 50er Jahren: Binnenmigranten bauen in einer Nacht Behausungen aus einfachsten Materialien, die schnell zu ganzen Stadtvierteln heranwachsen. Die Siedlungen existieren zwischen staatlicher Duldung und Illegalität; nur die gewachsenen Strukturen der Selbstorganisation sichern ihren Bestand.
Sonderpreis der LZ für politische Bildung Rheinland-Pfalz 2003

Cikmaz (Sackgasse)
Pinar Okan, Türkei 2003, 25 min

Das Porträt einer Strasse im ehemaligen multi-ethnischen Viertel Samatya in Istanbul, in den die griechische und armenische Bevölkerung nach den Progromen 1955 abwanderte. Der Film schildert vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Umbrüche die Entfremdung und Vereinsamung, die aus dem Konflikt zwischen den alteingesessenen nicht-muslimischen Bewohnern und neuen Binnenmigranten entstanden ist.
Spezialpreis der Jury Filmfestival Nürnberg 2004

Mübadele (Vertrieben für Frieden)
Osman Okkan und Simone Sitte, Deutschland 2003, 55 min

Nach dem ersten Weltkrieg mussten die griechische Bevölkerung in der Türkei und die Türken in Griechenland ihre Heimatorte im Rahmen eines „Bevölkerungsaustausches“ verlassen. Es war die erste international organisierte Zwangsumsiedlung der Menschheitsgeschichte. Der Film begleitet Zeitzeugen bei ihrer Spurensuche, u.a. mit Mikis Theodorakis und Yasar Kemal.
Öngören Preis für Demokratie und Menschenrechte 2003

Juli

Mittwoch 14. Juli, 19.30 Uhr

Boran (Die Verschwundenen)
Hüseyin Karabey, Türkei 1999, 30 min

Mitte der 90er Jahre fanden über Jahre regelmäßige, stille Proteste der sogenannten „Samstagsmütter“ in Istanbul statt, die das staatlich organisierte Verschwinden ihrer Söhne, politischer, meist kurdischer Oppositioneller, anklagten. Ein unkonventioneller Film zwischen Inszenierung und Dokumentation.
Filmpreise in Antalya, Tel Aviv, Chile und Italien

Abschied vom falschen Paradies
Tevfik Baser, Deutschland 1999, 96 min

Nach dem Mord an ihrem gewalttätigen Ehemann lernt die Türkin im deutschen Gefängnis, Selbstbewusstsein gegenüber ihren türkischen Verwandten und einen eigenen Weg zu entwickeln. Als sie nach der Haftstrafe jedoch Deutschland verlassen und in die Türkei ziehen muss, warten auf sie der nach Rache trachtende Schwager und die türkische Justiz.
Filmpreis der evangelischen Filmkritik

* Programmänderungen vorbehalten. Bitte informieren Sie sich über die Tagesankündigungen bzw. die Website des ZKM über die aktuellen Veranstaltungen.

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