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Sprache, Schrift und Semiologie

Referatszusammenfassung:

Schrift besteht aus grafischen Zeichen, die zum Zweck menschlicher Kommunikation verwendet werden. Eine Vorstufe bei der Entwicklung der Schrift bildet die bildliche Ideenschrift, die sog. Bildschrift, in der einfache Bilder oder Bildfolgen unabhängig von der Sprache Inhalte dar-stellen. Man kann diese Bildschrift (Piktographie), die eine Folge von Denkinhalten in bildhafter Form darstellt, in mehrere Gruppen aufteilen. Wichtig sind dabei besonders zwei Arten, die sich durch den Grad der Abstraktion voneinander unterscheiden:

  • Die Ideenschrift stellt Sachverhalte durch Bilder ohne Bindung an eine feste sprachliche Form dar. Bei diesem Vorgang werden die Bilder zwar ausgedeutet, aber nicht gelesen.

  • Bei der Wortbildschrift entspricht jedem Wort ein Bildzeichen. Dadurch ist es möglich, dass in Form einer Phonetisierung eine Lautschrift entsteht, bei der das Bildzeichen auf den mit einem Wort verbundenen Lautkomplex hindeutet.

Auch wenn alle selbständig entstandenen Schriftsysteme der Kulturvölker (chines. Schrift, Keilschrift, altägyptische Schrift) ursprünglich Bilder als Schriftzeichen verwendeten, kann von eigentlicher Schrift erst nach dem Übergang zur Wiedergabe sprachlicher Einheiten (Wörter, Silben, Laute) die Rede sein. Bei der Lautschrift unterscheidet man zwischen Wortschrift (i.d.R. Bildzeichen; Hieroglyphen), Silben- und Buchstabenschrift. Bevorzugt werden Mischformen aus Wort-Schrift und Silben-Schrift, wie etwa in den ältesten Formen der altmesopotamischen Keilschrift, in der ägyptischen Schrift (der Schrift des Hieroglyphenhethitischen) oder der japanischen Schrift vorliegen.

Wahrscheinlich Ende des 2. Jt., spätestens Mitte des 8. Jh. v. Chr. übernahmen die Griechen ohne grundlegende Änderung der äußeren Form das westsemitische Alphabet; die griechische Schrift war damit die erste europäische Buchstabenschrift. Sie verbreitete sich früh bei den italischen Völkern und von Byzanz aus im Gebiet der orth. Kirche bei einem Teil der Slawen. In Form bestimmter Arten der lateinischen Schrift verbreitete sie sich, nicht zuletzt unter dem Einfluss der katholischen Kirche über ganz Europa und über Europa hinaus. Die verbreitetesten Schriften sind die Kapitalis, die karolingische Minuskel und die Fraktura. Die eigentlichen Druck-schriften, wie wir sie heute gebrauchen sind mit dem Buchdruck entstanden.

Eine der bedeutensten Sprachen, die zu den semitischen Sprachen gerechnet wird (andere Sprach-gruppen sind z.B. Hebräisch oder Arkadisch, eine “tote” Sprache) ist Arabisch. Arabisch wird von fast 200 Millionen Menschen gesprochen und im täglichen Leben verwendet. Es ist die Sprache des Islams, dem mehr als 600 Millionen Menschen angehören und somit die verbindende Sprache aller Muslime in der Welt. Viele Menschen glauben, dass nur das Studium in der Sprache Mohammeds bedeutsam sei, da durch die Übersetzung des Wortes Gottes in eine Fremdsprache der Sinn und die Bedeutung des Wortes verloren gehe.

In den letzten Jahrzehnten haben Untersuchungen der Verpflechtung (Implikation) von Mündlichkeit und Schriftlichkeit eine ungewöhnlich und Fächerübergreifende Konjunktur erfahren. Warum?

Zum einen ist es auf Grund einer intensiven kulturwissenschaftlichen Bemühung gelungen selbst komplexe Funktionszusammenhänge unserer mittlerweile stark schriftbasierten Kultur datailliert zu erörten. In einem bedeutenden Satz stellte Kittler vor langer Zeit fest, dass sich historische Kulturen anhand der Kapazität ihrer Medien als “Speicherung - Verarbeitung - Übertragung” beschreiben lassen. Eine Fragestellung, die von Assmann im Zuge seines Projekts “Archologie der literarischen Sprache” unter dem Aspekt “Schrift und Gedächtnis” reformiert wurde. Die Konjunktion “und” weist dabei auf die erstaunliche Trennung hin: Schrift ist noch kein Gedächtnis, sondern ein Speicher im Dienste der Erinnerung. Erst wenn eine Erinnerungskultur entwickelt wird, kann Schrift als Gedächtnis dienen. Der Beginn von “materieller Speicherung” in Schrift bleibt dabei genauso dunkel, wie ihre Verknüpfung mit der phonetischen Sprache.

In einem philosopischen Ansatz wehrt sich Derridas gegen den “Phonozentrismus”, gegen die philosophische Behandlung von Schrift und Sprache als Vorgängigkeit Sprache vor der Schrift. Vielmehr vermutet er eine massive evolutionsbiologische Parallele. An diesem Punkt stößt die Überlegung zu Schrift und Sprache an eine philosopische Rätselfrage von Kittler: “Wenn Menschen durch die Sprache ihre Vorstellungen und Ideen kommunizieren, wie sind Menschen ohne Sprache zu ihren Vorstellungen und Ideen überhaupt gekommen?”

Die Entwicklung der Schrift kann in zwei Bereiche aufgeteilt werden: eine Sprach-wissenschaftliche Entwicklung der Schrift und die physikalischen Medien. Schrift hat bis zur Einführung des Buchdrucks verschiedene Träger durchlaufen; mit der Papyrosrolle bzw. Pergamentrolle war eine Medium in Gebrauch, welches eine regelrechte Schriftkultur ermöglichte. Die Weiterentwicklung zum Codex und schließlich zum papiernen Buch zeichnet sich immer noch durch Handschriftlichkeit aus. Die Unterschiede dieser langwierigen Medienentwicklung lassen nicht den Schluss zu, die Geschichte der Schriftlichkeit sei eine Abfolge radikaler und sprunghafter Veränderung. Vielmehr gilt: Die Lese- und Schreibkultur bleibt weitgehend stabil und erweitert sich nur langsam. Antike Leser konnten eben auch schon Rollen in Sktiptorien ganz gewöhnlich und preiswert kaufen.

Auch die oft beschworene Handhabungsschwierigkeiten erscheinen nicht einleuchtend: Wer seine Rolle kannt, fand gewiss in kurzer Zeit relevante Textstellen. Ein wirklich radikal Veränderung in der Geschichte der Schriftlichkeit ist also in diesem Zusammenhang nicht feststellbar.

Erst Gutenbergs Erfindung und die Standartisierung und mechanisierung ereichte mit einer Reduzierung des Zeitfaktors exponentielles Wachstum. Die im Gutenbergschen Buchdruck in einem technischen Schritt durchgeführte Normierung von Schrift machte nicht nur alle Bücher gleich billig und ihre Herstellung so viel schneller, sondern wirkte ebenso auf Leser und Produzenten. Es gab plötzlich eine Vielzahl neuer Buchtitel und Gattungen. Es konnte sich eine Buchkultur entwickeln, in der Angebote immer zahlreicher und differenzierter wurden. Das “Monopol” von Verkündigungsinstanzen wurde unterlaufen und somit haben neuzeitliche Subjektivität, Rationalität und Wissenschaft eine zutiefst technische Grundlage. Ihren Höhepunkt erreichte die Schriftkultur in der Zeit um 1800 bei reibungslos funktionierendem Buchhandelsystem, verbilligten Produktionskosten und einem gut ausgebauten Postsystem.

Die Schrift hatte eine Stellung erreicht, die Sie in gewisser Hinsicht mit der Einführung der Fotografie 1837 verlieren sollte. Ein Konkurrenzmedium entwarf nun keine Bilder mehr, sondern war in der Lage die Wirklichkeit abzubilden. Diese Medienentwicklung konnte wegen ihrer Getrenntheit, Begrenztheit und Statik das vertraute und wirkungsvolle Buch als wichtigstes Medium nicht verdrängen oder ersetzen. Dies sollte der Film, der das Versprechen des Buches in Licht und perfekte Simulation wirklicher oder möglicher Welten umsetzt, grundlegend ändern. Heute droht die unangefochtene Position des Buches als Wissensspeicher mit dem Universalmedium Computer ebenfalls verloren zu gehen. Speicherkapazität und Verknüpfungsmöglichkeiten, die Bücher mit Registern und Fußnoten bewerkstelligen, werden mit dem Computer eröht und beschleunigt. Den endgültigen Triumph feiert die Schrift, wo man sie nicht mehr zu sehen bekommt: in dem Computerprogrammen. Unabhängig von der Schrift als Oberflächeneffekt dient sie hier als Zeichensatz der mathematische Funktionen codiert. Damit kommt die Schrift an ein vorläufiges Ende, hin zu einer nicht mehr sichtbaren Verkleinerung. Von der Höhlenmalerei, Obelisken, Tafeln und Inschriften, handgeschriebenen Büchern und ihren technisch erzeugten Verkleinerungen des Buchdrucks wandert sie unsichtbar auf die Festplatte.

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